Antonius Wilde

Die Wilde-Orgel von 1599
(Kontrakt vom 20. August 1598, Otterndorf)

 

Disposition

DAS WERCK
Principal 8 Vothe Tonß

Octava
Superoctava
Mixtur
jm Baß 5 Pipen
jm Tenor 6
jm Alt 7
jm Discant 8 Pipen starck
Klingende Zimbel mit 3 Pipen
Nasath
Holpype
Holfloyte
Trummet im manual
Zinck im Discant int cs
Querpipe


IM BAß

Untersatz van 16 Vothe Tonß

Rußpipe 2 Pipen starck

Trummet

Kornett

 

IN DER BRUST

Krumphorn, halbirt int es

Spitzquint im Discant

 

Wildes Regal 8 Fuß von 1598
Wildes Regal 8 Fuß von 1598

 

Vorkoppling im Pedal, de Orgel Aff und tho tehende,
7 grote Belge, Dat pedal uth dem D beth int c anghande.

 

 

1. Das Werk (Hauptwerk)
Die Aufgliederung des spätgotischen Blockwerkes erfolgte u. a. vom Raume Brabant aus (Hendrik Niehoff, Jasper Johannsen u. a. m.). Sie wurde auch von den „Hamburgern" (Familie Scherer) praktiziert und war zur Zeit Antonius Wildes (Schüler Hans Scherers d. Ä.) im wesentlichen abgeschlossen. In seiner Lüdingworther Orgel läßt sich allerdings Wildes Verzicht auf eine weitergehendeTeilung der Großmixtur als Ausläufer der spätgotischen Mixturorgel deuten.Wildes „Werk" bleibt primär ein Prinzipalwerk; jedoch erfährt es eine Erweiterung durch mehrere schon gebräuchliche Register des Weitchores und um Rohrwerke. Holpipe und Holfloyte sind Rohrflöten, Querpipe wurde zu seiner Zeit oft als Name für die Quintadena genannt.
 
2.   Die Brust (Brustwerk)
Nach dem Vorbild spätgotischer Orgeln disponierte Wilde zunächst nur ein Soloregister auf einer gesonderten Lade. Aus Raumgründen konnte dies kein Prinzipal oder eine Trompete sein. Statt dessen sah er ein viel kleineres, von ihm „Krumphorn" genanntes Regal 8‘ aus Messing vor. Dieses verstärkend und färbend, baute er dazu eine „Spitzquint"im Discant (Hohlflöte 3‘). Während des Baues erweiterte er diese eineinhalb Register um die Octave 2‘ und die Rohrflöte 4‘ (letztere im Baßbereich Gedackt, wohl aus Raumgründen). Hierin zeigt sich die Hinwendung zur Werkorgel seiner Lehrer: Statt einer Beigabe durch ein Soloregister zum HW stellt er diesem ein zweites Werk, in seinen bescheidenen Anfängen noch ohne Mixtur, zur Seite.
 
3. Das Pedal
In der Pedaldisposition mit dem „in der Luft hängenden" Untersatz 16‘ erkennen wir ebenfalls noch ein Überbleibsel aus gotischer Tradition. Dazu gehört auch die Koppel HW an Pedal. Bezeichnenderweise schreibt Wilde in seinem Vertrag „Dat pedal... anghande"(angehängt). An dieser Stelle sei auch auf die Forderung der Lüdingworther nach einem „Baßthurm wie schon in Altenbruch" eingegangen. Man glaubt bis heute, mit diesem sei ein Pedalturm (und nur einer!) gemeint. Dagegen ist es wohl fast sicher, daß es sich hierbei um den 7 Pfeifen starken Mittelturm im Hauptwerk handeln muß, der durch den Prinzipal 8‘ den Baß vertrat (Schnitger hat übrigens später den HW-Prospekt in gleicher Reihe besetzt gelassen wie er ihn von Wilde übernahm - nur die Pfeifenfüße wurden verlängert). Über dieser ursprüngliche Funktion des Pedales hinaus brachte Wilde aber Neuerungen in die Orgel. Es sind Merkmale einer Renaissance-Orgel: Er legte zwei Solostimmen in das Pedal (die Trommet und das Kornett) und über den Vertrag hinaus noch die Octave 4‘, ebenfalls zur Führung des cantus-firmus geeignet. Daneben scheint ihn auch schon eine echte Selbstständigkeit des Pedals beschäftigt zu haben. Hierfür spricht die Rueßpipe und, wenn man so will, auch die Trummet.
Wir haben es 1599 schon mit einem Nebeneinander von Baß- und Solofunktion des Pedales in der Lüdingworther Orgel zu tun (Schnitger wird dieses später noch ausbauen).

 

 

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